Rechnung: Veganer töten mehr Tiere als Fleischesser (2024)

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Veganer töten mehr Tiere als Fleischesser Statistik

Kurz und Knapp

In Online-Diskussionen hört man immer öfter das Argument: „Veganer töten mehr Tiere als Fleischesser.“ Aber stimmt das wirklich?

In diesem Artikel schaue ich mir aktuelle Rechnungen an, die die getöteten Tiere durch Fleisch und vegane Lebensmitteln vergleichen.

Veganer töten mehr Tiere als Fleischesser – Stimmt das?

Nein, Veganer töten nicht mehr Tiere als Fleischesser. Es sterben sogar deutlich weniger Tiere für veganes Essen, als für Fleisch. Für 1 Million Kalorien aus Hühnerfleisch werden ca. 251 Tiere getötet, für Obst sterben gerade einmal 1,7 Tiere bei der Ernte.

Wie viele Tiere töten Veganer und Fleischesser

So viele Tiere werden für 1 Million Kalorien von tierischen und pflanzlichen Lebensmittel getötet:

  • Hühnerfleisch – 251 getötete Tiere 🐔
  • Eier – 92 getötete Tiere 🥚
  • Rindfleisch – 29 getötete Tiere 🐮
  • Schweinefleisch – 18 getötete Tiere 🐷
  • Milch – 4,8 getötete Tiere 🍼
  • Gemüse – 2,6 getötete Tiere 🥕
  • Obst – 1,7 getötete Tiere 🍎
  • Getreide -1,7 getötete Tiere 🌽

Warum sterben überhaupt Tiere für pflanzliche Lebensmittel? Bei der Ernte und anderen landwirtschaftlichen Prozessen können Nagetiere, Vögel oder sogar Rehe getötet werden.

Das ist aber kein rein veganes Problem: Auch bei der Ernte von Futtermittel für Nutztiere sterben Tiere.

Die Daten stammen aus einer Studie von Animal Visuals. Die folgende Grafik zeigt noch einmal, dass Fleischesser deutlich mehr Tiere töten, als Veganer.

Wie viele Tiere töten Veganer und Fleischesser - Grafik von Animal Visuals

Auf der y-Achse stehen verschiedene Lebensmittel. Auf der x-Achse steht, wie viele Tiere im Durchschnitt bei der Produktion von 1 Million Kalorien getötet werden.

Die Balken sind in Rot für „Schlachtung“ und in Gelb für „Ernte“ aufgeteilt.

Warum haben die Fleischsorten auch einen gelben Balken? Dort handelt es sich um die Tode für die Futtermittel-Ernte.

Die folgende Tabelle zeigt die getöteten Tiere pro 1 Million Kalorien für verschiedene Lebensmittel, bei der Schlachtung, der Ernte und Gesamt.

LebensmittelSchlachtungErnteTiertode-Gesamt
Hühnerfleisch237,613,5251,1
Eier83,3992,3
Rindfleisch1,727,429
Schweinefleisch7,11118,1
Milch0,044,744,78
Gemüse02,552,55
Obst01,731,73
Getreide01,651,65

Die Tabelle beinhaltet nur Wirbeltiere, keine Wirbellosen Tiere (Insekten). Außerdem bezieht sie sich nur auf die durchschnittliche Produktion.

Daher gehe ich weiter unten noch auf Fleisch von Weidekühen ein, da dort weniger Tiere sterben.

Ist es möglich 100% vegan zu leben?

Ja, es ist möglich, zu 100% vegan zu leben. Zwar töten auch vegane Lebensmittel Tiere (durch die Ernte) und im Alltag tötet jeder Mensch unbeabsichtigt Insekten, aber darum geht es beim Veganismus nicht. Es geht darum, Tierausbeutung zu reduzieren, nicht Tierleid zu 100% zu verhindern.

Veganismus wird von der Vegan Society so definiert:

„Veganism is a philosophy and way of living which seeks to exclude—as far as is possible and practicable—all forms of exploitation of, and cruelty to, animals for food, clothing or any other purpose; […]“

Einen wichtigen Part habe ich fett markiert. Tierausbeutung soll man so weit wie möglich und praktikabel verhindern.

Es geht bei Veganismus also gar nicht darum, Tiertode komplett zu verhindern.

Man kann auch vegan sein, wenn durch die eigene Existenz Tiere sterben. Wir leben immer auf Kosten anderer Lebewesen.

Veganismus versucht die Tierausbeutung, die man verursacht, zu minimieren.

Weiderind vs. Vegan – Sterben weniger Tiere, wenn die Kuh Gras frisst?

In der Grafik oben fällt schnell auf: Fast alle Tode, die durch die Produktion von Rindfleisch entstehen, sind auf die Futtermittelproduktion zurückzuführen.

Kühe sind im Vergleich zu den anderen Nutztieren ziemlich groß. Das hat zwei Folgen:

  • Eine Kuh liefert viele Kalorien = wenig Schlachtungen pro 1 Million Kalorien
  • Sie essen viel Futtermittel = Viele Erntetode pro 1 Million Kalorien

Das Fleischesser-Argument lautet also: „Wenn Kühe nur Gras fressen, entstehen ja keine Erntetode. Dadurch kann man die getöteten Tiere minimieren.“

Weiderinder essen im Winter Heu. Durch die Heu-Ernte werden Tiere getötet.

In fast allen landwirtschaftlichen Betrieben müssen die Weiderinder im Winter durch Heu gefüttert werden.

Heu wird mehrmals im Jahr geerntet. Bei dem Prozess sind mehrere Fahrten über das Feld nötig, was die Erntetode noch weiter erhöht.

Die Tode durch Schlachtung bei Rindfleisch sind fast gleichauf mit den Gesamt-Toden durch pflanzliche Lebensmittel (1,7 vs. 2,55; 1,73; 1,65).

Wenn also bei der Heu-Ernte nur ein einziges Tier stirbt, tötet das durchschnittliche pflanzliche Lebensmittel weniger Tiere, als Weiderind.

Realistisch sind die Todeszahlen durch die Heu-Ernte natürlich viel höher.

Im folgenden Video wird errechnet, dass Heu-Ernte im Schnitt 9-mal mehr Tiere tötet, als die Produktion von Sojabohnen. Und dort sind die Tode durch Schlachtung nicht einmal eingerechnet.

Zusammenfassend kann man also sagen: Weiderindfleisch von grasgefütterten Kühen tötet deutlich mehr Tiere als vegane Lebensmittel.

Weiderind ist keine Lösung – Auch wenn weniger Tiere sterben würden

Auch wenn Weiderind in 99,9 % der Fälle mehr Tiere tötet, als pflanzliche Lebensmittel, was ist mit dem 0,1 %?

Es könnte theoretisch einen landwirtschaftlichen Betrieb geben, wo die Tiere das ganze Jahr über nur Gras fressen. Dort wird kein Heu geerntet, also gibt es auch keine Erntetode.

Wenn wir uns diesen idealisierten Betrieb vorstellen – wäre es dann nicht besser für Veganer diese Kühe zu essen, als Pflanzen?

Es gibt immer noch mindestens 5 Probleme mit Weiderind:

  1. Extrem hoher Flächenbedarf
  2. Umweltschäden
  3. Am Ende wird immer die Kuh getötet
  4. Unfairer Vergleich
  5. Absichtliches Töten vs. Unabsichtliches Töten

Flächenbedarf von Weiderind

Rindfleisch hat im Durchschnitt den höchsten Flächenbedarf von allen Lebensmitteln.

Der Flächenbedarf steigt weiter an, wenn Kühe nur Gras fressen. Getreide hat mehr Kalorien pro Fläche, als Gras. Man braucht also deutlich mehr Grasfläche, um eine Kuh zu ernähren.

Selbst wenn wir alles Weideland der Welt nur für Weiderinder nutzen, würden diese gerade einmal zwischen 7 und 18 g Protein pro Person pro Tag produzieren können. Derzeit produzieren wir ca. 30 g tierisches Protein pro Person pro Tag.

Weiderind für jeden = enorme Reduktion vom Fleischkonsum

Wenn wir global nur Weiderind umsteigen, dürfte jeder Mensch nur ca. 1 Ei oder 50 g Rindfleisch pro Tag essen.

Ich als Veganer fände das toll! Diese Rechnung soll nur zeigen, wie hoch der Flächenbedarf von Weiderind ist und wie schlecht skalierbar Weiderind ist.

Fleischesser, die für Weiderind zur Verringerung der Tiertode argumentieren, wollen oft nicht wahrhaben, dass sie damit auch für eine drastische Reduktion des Fleischkonsums argumentieren.

Umweltschäden durch Weiderind

Auch wenn die Umweltschäden durch Rindfleisch in vielen Quellen überschätzt werden, ist die Haltung von Kühen für das Klima problematisch.

Methan wird in der veganen Bewegung oft falsch betrachtet. Methan zerfällt deutlich schneller als CO2, daher steigt das Methanlevel nicht wie CO2 stetig an.

Dadurch ergibt sich aber auch, dass eine Reduktion der Kuhbestände schnell das Klima entlasten würde, eben weil Methan so schnell zerfällt.

Zudem kommen neben Methan ja auch noch andere Emissionen dazu, die die Kuhhaltung mit sich bringt. Und das große Umweltproblem Flächenbedarf habe ich oben ja schon angesprochen.

Am Ende wird immer die Kuh getötet

Die Tiertode bei der Ernte von Pflanzen ist ein Problem, das durch technischen Fortschritt verbessert und sogar beseitigt werden kann.

Verschiedene Maßnahmen könnten Tiertode verhindern:

  • Die Felder besser einzäunen
  • Die Erntegeräte anpassen
  • Durch Geräusche, Düfte, nicht schädliche Chemikalien Tiere vertreiben
  • Mit Drohnen und KI Felder nach Rehen absuchen

Durch technischen Fortschritt könnte man die Tiertode bei der Produktion von veganen Lebensmitteln auf fast 0 reduzieren.

Bei Weiderind ist das nicht möglich. Am Ende des Tages wird IMMER mindestens ein Tier getötet.

Das Potenzial der Reduzierung von getötet Tieren in der Landwirtschaft ist also beim Pflanzenanbau deutlich größer, als bei der Tierhaltung.

Unfairer Vergleich

Die reguläre Pflanzenproduktion mit einem Ideal-Szenario vom Weiderind zu vergleichen, ist unfair.

Man sollte die tierfreundlichste Produktion von Fleisch mit der tierfreundlichsten Produktion von Pflanzen vergleichen.

Beim Vertical Farming werden Pflanzen in einem Gebäude in kontrollierter Umgebung angebaut. Hier kann man die Tode von Wirbeltieren fast komplett ausschließen und auch Insektentode reduzieren.

Wenn man also nicht Apfel mit Birnen, sondern Gleiches mit Gleichem vergleicht, schneiden pflanzliche Lebensmittel immer tierfreundlicher ab.

Zwischenfazit: Weiderind zur Reduzierung von Tiertoden ist nicht praxistauglich

Die Realität sieht so aus, dass Weiderinder im Winter Heu essen. Es werden auch Tiere bei der Ernte des Heus getötet.

Und das sind in der Regel mehr Tiere, als bei der durchschnittlichen Pflanzenproduktion sterben.

Wir können das Weiderind nun so „optimieren“ dass weniger Tiere sterben.

Das Ergebnis ist ein Einhorn von einem landwirtschaftlichen Betrieb. So eine Kuhhaltung gibt es fast nirgends auf der Welt und ist kaum skalierbar.

Wenn Weiderindfleisch auf eine größere Bevölkerung ausweitet, hat das zwangsweise eine enorme Reduktion des Fleischkonsums zur Folge (wegen des hohen Flächenbedarfes).

Allein dahin gehend ist Weiderind zur Reduzierung von Tiertoden schon kein gutes Argument für Fleischesser.

Außerdem verliert dieser Betrieb, was Tiertode angeht, immer noch gegen ein idealen Vertical Farming Betrieb, der übrigens deutlich besser zu skalieren ist.

Absichtliches Töten vs. Unabsichtliches Töten

Person A überfährt aus Versehen einen Hund, Person B überfährt absichtlich einen Hund – Welche Tat ist schlimmer?

Diese Frage ist ganz einfach zu beantworten, absichtlich Töten ist viel schlimmer, als unabsichtlich töten.

In der Humanethik reden wir hier vom Unterschied von Mord und Todschlag. Die Intention ist hier entscheidend.

Doch das gilt nicht nur für Menschen. Person A würde vor Gericht keine Strafe erhalten, während Person B wegen Tierquälerei sogar im Gefängnis landen kann.

Wenn wir diese Logik symmetrisch anwenden, sollte das ganze ja nicht nur für Hunde gelten. Es sollte auch für andere Tiere wie Kühe, aber auch für Mäuse, die bei der Ernte getötet werden, gelten.

Das vegane Argument wäre hier also:

„Fleischesser töten Tiere absichtlich, während Veganer Tiere bei der Ernte nur unabsichtlich töten.“

Ein Fleischesser könnte entgegnen: Die Erntetode sind aber keineswegs aus Versehen. Landwirte ergreifen oft aktiv Maßnahmen, um die Tiere loszuwerden. Es sind einkalkulierte, absichtliche Tode.

Der Unterschied ist hier: Fleischesser töten für ihren persönlichen Genuss, während Veganer für ihre Lebensgrundlage (irgendwas müssen wir essen) töten.

Das Töten von Käfern durch Pestizide kann man mit „Notwehr“ vergleichen, da diese ja unsere Lebensgrundlage angreifen.

In diesem Artikel wird an diesem Argument berechtigterweise kritisiert, dass die Maßnahmen, um die Lebensgrundlage zu sichern, oft zu gewalttätig sind.

Man müsste nicht direkt töten, um die Ernte zu sichern, sondern könnte auch andere nicht tödliche Mittel wählen.

Daran wird sich leider nichts ändern, bis die Gesellschaft vegan wird oder Tierleben zumindest ein deutlich höherer Wert zugesprochen wird.

Am Ende des Tages ist es immer noch leichter moralisch zu rechtfertigen, ein Tier zu töten, was die eigene Lebensgrundlage angreift, als eines zu töten, was einem nichts getan hat (Nutztier im Schlachthaus).

Man kann dort leicht unterscheiden, wenn man sich fragt: „Was würde passieren, wenn das Tier nicht existieren würde?“

  • Bei Erntetoden: Die Veganer würden sich freuen, da sie nun kein Tier mehr töten müssen.
  • Beim Schlachten: Die Fleischesser wären traurig, da sie nun kein Tier mehr töten können.

In dieser Studie wird ausführlich beschrieben, wie das Tier in diesem Kontext für Veganern ein Problem, für Fleischessern aber eine Chance ist.

Wer sich tiefer mit dieser Ethikfrage beschäftigen möchte, kann dieses ausführliche Video schauen:

Fazit: Veganer töten nicht mehr Tiere als Fleischesser

Wenn man sich die Zahlen anschaut, ist es eindeutig: Veganer töten in jedem Fall weniger Tiere als Fleischesser.

Selbst wenn man sich eine Ausnahmesituation ausdenkt, wie Weiderind, was auch im Winter kein Heu frisst (vielleicht 0,01 % der Betriebe), schneiden immer noch pflanzliche Lebensmittel besser ab.

Außerdem steht hier absichtliches Töten für Genuss unabsichtlichem Töten fürs Überleben gegenüber.

Am Ende möchte ich den Instagram-Kanal tierethik_veganismus und den Youtube-Kanal Debug Your Brain empfehlen.

Beide haben mir enorm bei diesem Artikel geholfen und sind perfekt für detaillierte Erklärungen zu veganen Problemen.

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Markus Maibaum
5+ Jahre Vegan, Tierrechts-Aktivist, Umwelt-Wissenschaftler, Powerlifter, Hobby-Koch

Markus hat Veganivore gegründet, um die vegane Lebensweise zu verbreiten und unsere Erde ein kleines bisschen nachhaltiger & gerechter zu machen.

In seiner Freizeit setzt er sich leidenschaftlich gerne für Tierrechte ein, hält Vorträge für Umweltvereine, hebt Gewichte und probiert neue vegane Rezepte aus.

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