Das Wichtigste in Kürze
- Tierprodukte verursachen viel Tierleid und -tod, egal ob Fleisch, Milch, Eier oder Fisch.
- Jedes empfindungsfähige Lebewesen, egal ob Hund oder Kuh möchte Leben. Ihr Leben hat einen intrinsischen Wert.
- Veganer stellen den Wert des Tierlebens über Dinge wie Geschmack, Tradition oder Gewohnheit. Eine 5-minütige Mahlzeit sollt nicht mehr wert sein, als ein Leben.
Wenn du eine vegan lebende Person fragst: „Was war die beste Entscheidung deines Lebens?“, wirst du fast immer die Antwort kriegen: „Dass ich vegan geworden bin.“
Dieselbe Person wird dir auch sagen, dass sie nur bereut, nicht noch früher vegan geworden zu sein.
Die Zahl der Veganer in Deutschland hat sich in nur 4 Jahren verdoppelt.
Es gibt gute Gründe für diese Entwicklung. Der Verzicht auf tierische Produkte bringt enorme Vorteile mit sich. Nicht nur für dich, sondern für die Tiere, Umwelt und alle Menschen.
Warum Vegan? – In 3 Sätzen:
Eine vegane Lebensweise verhindert Unmengen an Tierleid und Tod. Veganismus ist der effektivste Weg, um deinen CO2-Fußabdruck zu reduzieren und eine pflanzliche Ernährung beugt Herzkrankheiten und Krebs vor. Vegane Lebensmittel sind super lecker und es gibt jedes Jahr viele neue Produkte zum Probieren.
Natürlich gibt es zum Thema Veganismus noch viel mehr zu sagen.
Nach 5 Jahren als Veganer, Tierrechtsaktivist und Umwelt-Ingenieur lerne immer noch jede Woche etwas Neues. Aber du musst keine Bücher lesen, um den Kern der veganen Lebensweise zu verstehen.
In diesem Artikel habe ich die wichtigsten Argumente für Veganismus zusammengefasst.
Ethik – Vegan für die Tiere
Die meisten Menschen kennen Vegetarier und halten Veganismus auch für eine reine Ernährungsform.
Man unterscheidet zwischen einer pflanzlichen Ernährung und einer veganen Lebensweise (Ethik).
Die älteste vegane Organisation der Welt „The Vegan Society“ definiert Veganismus so:
„Veganismus ist eine Philosophie und Lebensweise, die alle Formen von Tierausbeutung so weit wie möglich verhindern will. […]“ (frei übersetzt)
— The Vegan Society
Die meisten Veganer stimmen mit dieser Definition überein. Sie leben vegan, um das Leid von Tieren zu verhindern.
Vegan ist also keine reine Ernährungsweise. Veganismus ist eine Philosophie und möchte Tierausbeutung bei der Ernährung genauso wie bei anderen Konsumgütern verhindern. Das heißt in der Praxis nicht nur der Verzicht auf Fleisch, Fisch, Milch, Eier, Honig, …, sondern auch der Verzicht auf Leder, Pelz und Kosmetik, die an Tieren getestet wurde.
Das Kernargument für eine vegane Lebensweise ist die Ethik. Bessere Gesundheit und Umwelt (mehr dazu später) sind positive Nebeneffekte.
Tierquälerei im Alltag
Nicht-Veganer und Veganer haben eine Sache gemeinsam: Wir sind alle gegen Tierquälerei.
Es ist nicht schwer großes Leid bei der Produktion von Fleisch, Milch, Eiern und Co. zu finden. Kein Text wird dem Horrorszenario eines Schlachthauses wirklich gerecht.
Jeder sollte einmal ein Schlachthaus-Video schauen. Viele Menschen konsumieren Jahrzehnte-lang Tierprodukte und nur wenige Minuten dieser Videos, verändern ihre Gewohnheiten für immer.
Die Aufnahmen sind keine Ausnahmen und keine Einzelfälle. Sie zeigen den Standard der Tierindustrie.
Standardpraktiken der Tierindustrie:
Milch:
- Kühe geben wie alle Säugetiere nur Milch, wenn sie schwanger sind. Daher wird eine Milchkuh mit einem Metallstab jedes Jahr künstlich befruchtet.
- Das geborene Kalb wird direkt nach der Geburt von seiner Mutter getrennt (es würde sonst die Milch trinken, die verkauft werden soll). Die Mutter hat schon eine starke Bindung zu ihrem Kind und ruft manchmal tagelang nach ihm.
- Ein weibliches Kalb erwartet das gleiche Schicksal, wie dessen Mutter: Ein Leben als Milchmaschine, geprägt von künstlicher Befruchtung und verlorenen Kindern.
- Ein männliches Kalb wird nach wenigen Wochen getötet, da es sich nicht lohnt, es aufzuziehen. Die Tierbabys sind ein „Abfallprodukt“ der Milchindustrie.
- Vegetarier aufgepasst: ⅓ des Rindfleisches kommt von der Milch. Alle Milchkühe werden getötet. Sie geben nach 4–6 Jahren nicht mehr genug Milch und sind nicht profitabel.
Fleisch:
- Schweine werden mit CO2 vergast. Bei dieser Betäubungsmethode schnappen die Schweine vergeblich nach Luft und haben Todesangst.
- Schwanz abschneiden, Zähne kürzen und kastrieren: Das passiert bei Ferkeln alles ohne Betäubung (letzteres ist in Deutschland endlich seit 2021 verboten).
- Ferkel, die nicht schnell genug wachsen, werden mit Schlägen auf den Kopf getötet (z. B. Holz oder Hammer ist erlaubt) oder in CO2 boxen vergast. (Diese sogenannte „Nottötung“ ist nicht mit dem Einschläfern von leidenden Haustieren zu vergleichen. Es ist ein rein finanzieller Notfall für den Landwirt. Das gesunde Ferkel wird nicht genug Geld bringen.)
- Eine Schweinemutter muss 5 Monate im Jahr in einem Kastenstand leben, in dem sie sich nicht einmal umdrehen kann.
- Ein Masthuhn wird nach nur 42 Tagen getötet. Hühner können bis zu 9 Jahre alt werden.
- Millionen Schweine und Hühner verbrühen jedes Jahr in heißem Wasser durch Fehlbetäubungen.
Eier:
- Ein männliches Küken wird direkt nach der Geburt geschreddert oder vergast. Es gilt (genau wie männliche Kälber in der Milch-Industrie) als Abfallprodukt. Männliche Hühner können keine Eier legen und die genetisch veränderten Tiere eignen sich nicht für die Mästung.
- Ein Huhn verbringt sein Leben auf der Fläche von einem DIN-A4 Blatt.
- Viele Hühner sterben qualvoll vor der Schlachtung: Über die Hälfte aller Hühner erleiden schwere Knochenbrüche während ihrer Haltung. Eine medizinische Versorgung lohnt sich nicht.
- Nach 1,5 Jahren legen Hühner nicht mehr genug Eier und werden geschlachtet.
Fisch:
- Entgegen der Meinung von vielen Anglern sagt uns die Wissenschaft: Fische sind empfindungsfähig und spüren Schmerzen.
- Bei der industriellen Fischerei entsteht ungeheures Leid: Fischen platzt die Schwimmblase, sie werden unter tausenden Artgenossen zerquetscht oder ersticken an der Luft.
- Fische werden brutal getötet: Entweder direkt bei Bewusstsein, erfrieren im Eisbad oder ersticken in CO2 angereichertem Wasser.
- Auch in Aquakulturen leiden Fische. Die Becken sind überfüllt und dreckig. Infektionskrankheiten breiten sich rasant aus. Aufnahmen aus Aquakulturen zeigen verletzte und von Krankheiten zerfressene Fische.
97 % der Tierprodukte im Supermarkt kommen aus Massentierhaltung. Und selbst auf dem kleinen Bio-Bauernhof leiden Tiere. Alle Tiere werden sehr jung geschlachtet und haben mindestens eins der folgenden Probleme.
Tiere in der Tierindustrie haben:
- Hunger, Durst oder Unterernährung
- Schmerz, Verletzungen und Krankheiten
- Angst und negativen Stress
- allgemeines Unwohlsein
- Nicht die Möglichkeit seinem natürlichen Verhalten nachzugehen
Wie können wir das Leid der Tiere beenden?
Die allermeisten Menschen möchten keinem Tier wehtun und könnten schon gar nicht selber ein Tier töten. Doch Nicht-Veganer bezahlen jemanden anderes dafür, ein Tier für sie zu töten.
Unser Wirtschaftssystem läuft nach dem Angebot-Nachfrage-Prinzip. Das Angebot im Supermarkt resultiert aus der Nachfrage der Käufer.
Die Tiere sind nicht „eh schon tot“. Durch den Kauf von Fleisch schaffen wir Nachfrage. Ein neues Stück Fleisch wird den leeren Platz im Supermarkt-Regal einnehmen. Ein neues Tier wird dafür gezüchtet und später getötet. Wir finanzieren direkt die Tötung eines Tieres.
Keiner mag Tierquälerei. Doch die Meisten mögen es noch weniger daran erinnert zu werden, dass sie für Tierquälerei bezahlen.
Vegan lebende Menschen haben sich entschieden, keine Tierprodukte zu kaufen und damit keine Nachfrage zu schaffen. Somit finanzieren Veganer kein Tierleid (bei jeglichem Konsum entsteht Leid. Bei der veganen Lebensweise deutlich weniger).
Warum kaufen Veganer keine Tierprodukte aus „artgerechter Haltung“?
Im Ernährungsreport 2021 achteten 55 % der Befragten beim Einkauf auf Tierwohl-Label.
Außerdem schauten mehr Befragte beim Kauf auf die Qualität vom Fleisch, als auf den Preis.
Doch die guten Absichten spiegeln sich nicht im Kaufverhalten wider. Das meiste Fleisch wird in Discountern gekauft. 88 % des Fleischangebotes ist Billigfleisch (die Nachfrage regelt das Angebot)
Auch die Verbraucherzentrale kritisiert Tierschutz-Label: Sie sind intransparent und bringen wenig Tierschutz.
Die Verbraucherzentrale vermutet auch:
„Lidl, Netto, Kaufland, Aldi, Rewe und Edeka geht es weniger um Tierschutz, sondern um Fleisch mit geringen Mehrkosten als ‚Tierwohl‘-Fleisch zu vermarkten.“ (Text gekürzt und vereinfacht)
– Verbraucherzentrale, 2020
Und das ist genau der Punkt: Es geht natürlich in der Tierindustrie nicht um die Tiere, sondern um Geld. Jedes bisschen Tierwohl verursacht hohe Kosten.
Die Industrie möchte lieber den Verbraucher täuschen und mit intransparenten Labels ein gutes Gewissen schaffen.
Und die Zahlen zeigen: Es funktioniert. Es ist viel bequemer, mit einem falschen guten Gewissen Fleisch zu kaufen, als seine Kaufentscheidungen zu überdenken.
In Passanten-Gesprächen kommt meiner Erfahrung nach oft das Argument auf: „Ja, aber ich kenne einen Betrieb, bei dem geht es den Tieren gut.“
Nehmen wir an, man findet wirklich den Betrieb, wo Tiere ihrem natürlichen Verhalten nachgehen können und nicht leiden (Viel Erfolg bei der Suche). Dann bestehen immer noch viele Probleme.
Probleme beim Öko Bauern von „nebenan“:
- Das Fleisch wäre so exorbitant teuer, dass es sich fast niemand leisten könnte.
- Der Betrieb verbraucht so viel Platz und Ressourcen, dass damit keine größere Bevölkerung ernährt werden könnte.
- Die Tiere werden sehr jung getötet
Kein Landwirt kann es sich leisten, ein Tier lange leben zu lassen. Kühe können 20 Jahre alt werden und würden die ganze Zeit über viele Ressourcen benötigen.
In die Kuh wird nur so viel investiert, dass am Ende einen Mehrwert für den Menschen entsteht. Auf Kosten der Kuh.
Veganern reicht Tierschutz allein nicht aus, weil dort Tiere als Nutzungsobjekt für den Menschen betrachtet werden.
Tierschutztheorien erkennen zwar an, dass Tiere gewisse Interessen haben. Aber sie ordnen das menschliche Interesse Tiere zu essen über jeglichem Interesse der Tiere ein. Sogar der Lebenswille der Tiere wird als unwichtiger 10 Minuten Genuss erachtet.
Eine andere Sicht auf Haustiere und Nutztiere
Wir alle haben Situationen im Leben, in denen wir Tiere als Individuen wahrnehmen. Die meisten von uns machen diese Erfahrung bei Haustieren.
Man merkt schnell, dass der Hund oder die Katze eine ganz eigene Persönlichkeit und eigene Vorlieben hat.
Wir vergessen nur oft, dass auch andere Tiere Gefühle und eine Persönlichkeit haben.
Schweine werden sogar so schlau wie 3-jährige menschliche Babys eingeschätzt. Sie können komplexe Probleme lösen und habe eine große Gefühlswelt. Schweine sind damit klüger und empfindungsfähiger als Hunde und Katzen.
Man sieht also schnell, dass Intelligenz wenig damit zu tun hat, wie wir Tiere in unserer Gesellschaft behandeln.
Dazu gibt es das berühmte Zitat:
„Die Frage ist nicht; Können Sie denken?
Und auch nicht; Können Sie sprechen?
Sondern; Können sie leiden?“
– Jeremy Bentham (1789)
Wir können anstatt der Intelligenz auch Lebewesen daran bewerten, wie empfindungsfähig sie sind. Also wie viel Reize, wie Schmerz und Licht, sie wahrnehmen können und Emotionen, wie Liebe und Leid, sie fühlen können.
Das grenzt z. B. Tiere von Pflanzen ab. Pflanzen können Reize wahrnehmen, aber verspüren keine Gefühle und Schmerzen.
Die Erfahrungen, die Menschen, Hunde, Schweine oder Hühner in ihrem Leben machen, sind natürlich sehr unterschiedlich.
Was wir Menschen mit Nutztieren gemeinsam haben:
- Wir spüren Schmerzen
- Wir empfinden Gefühle
- Angst
- Trauer
- Freude
- …
- Wir haben persönliche Interessen
- Wir wollen nicht sterben
Tiere haben vielleicht nicht so ein volles Leben (so viele Gefühle/Gedanken) wie wir Menschen, aber es ist immer noch ein Leben.
Was alle Gesellschaften gemeinsam haben ist, dass Mord eine schwere Strafe zur Folge hat. Das liegt daran, dass niemand einen Mord rückgängig machen kann. Das Opfer hat nie wieder die Chance, die vielfältigen Erfahrungen des Lebens zu machen.
Wenn wir ein Tier töten, nehmen wir diesem Tier auch die einzige Möglichkeit für seine Existenz und die damit verbundenen Erfahrungen.
Die persönliche Entscheidung Tiere zu essen
„Wir leben in einer freien Gesellschaft. Es ist immer noch meine persönliche Entscheidung, Fleisch zu essen.“
Es ist unsere persönliche Entscheidung, Fleisch zu essen. Genauso wie es unsere persönliche Entscheidung ist einen Hund zu treten oder jemanden auszurauben. Alles, was wir tun ist unsere persönliche Entscheidung, unabhängig davon, ob diese Entscheidung moralisch vertretbar ist oder nicht.
Aber Fleisch essen ist legal, einen Hund treten nicht.
Doch zeigt uns Legalität wirklich, was richtig oder falsch ist?
Ist das das Töten von Hunden, Katzen, Delfinen und Walen in asiatischen Ländern moralisch vertretbar, nur weil es dort legal ist? War früher die systematische Diskriminierung von Frauen und Minderheiten in der westlichen Welt moralisch vertretbar?
Man findet schnell viele Beispiele von legalen Dingen, die wir jetzt als unmoralisch einstufen.
Woran bewerten wir dann, was richtig oder falsch ist? Raub, Vergewaltigung oder das Quälen von Hunden & Katzen ist falsch, weil jemand anderes dabei zu Schaden kommt (auch wenn der Schaden unterschiedlich groß ist).
Wenn bei einer Entscheidung ein Opfer involviert ist, ist es keine rein persönliche Entscheidung mehr.
Einen Hund, der geschlagen wird, können wir eindeutig als Opfer identifizieren. Warum dann kein Schwein, dessen Hals aufgeschlitzt wird?
„Persönliche Entscheidung“ ist kein Argument gegen Veganismus, sondern das größte Argument für Veganismus.
Veganer berücksichtigen die persönlichen Interessen von Milliarden fühlender Lebewesen, die jedes Jahr getötet werden. Deren persönliche Entscheidung es ist/war einfach in Ruhe gelassen zu werden und ihr Leben zu leben.
Kein Tier läuft gerne und freiwillig in ein Schlachthaus. Ihr Leben wird ihnen unnötig (siehe 4 G’s gegen Veganismus weiter unten) und gegen ihren Willen genommen.
Formulieren wir doch einmal: „Es ist meine persönliche Entscheidung Fleisch zu essen“, etwas um. Oft verwenden Menschen, um ihren Fleischkonsum zu rechtfertigen, die Formulierung „Leben und Leben lassen“.
Ist es nicht absurd, die Ausbeutung und Tötung von fühlenden Lebewesen, mit „Leben lassen“ zu rechtfertigen?
Speziesismus und Karnismus
Die Herabstufung von Tieren ist in jeder Gesellschaft mehr oder weniger vorhanden. Speziesismus bezeichnet die willkürliche Unterscheidung von Tieren anhand ihrer Spezies.
Am offensichtlichsten wird Speziesismus am Beispiel von Haustieren.
Ersetzen wir Schweine in einem Schlachthaus durch Hunde, erhält der Verantwortliche eine lebenslängliche Haftstrafe. Wir unterscheiden beide Spezies so sehr, dass die Ausbeutung der „Nutztiere“ bei Haustieren eine Straftat wäre.
Und noch mal als Erinnerung: Wir unterscheiden diese Spezies nicht wegen ihrer Intelligenz oder Empfindungsfähigkeit. Schweine sind intelligenter und empfindungsfähiger als Hunde.
Wir unterscheiden sie einfach aufgrund willkürlicher Merkmale wie ihres Aussehens.
Wenn du als Hund geboren wirst, kannst du dich oft auf ein Leben voll Liebe und Zuneigung vorbereiten. Wirst du hingegen mit Ringelschwanz geboren, wird dieser dir sofort abgeschnitten und du kannst dich auf ein kurzes, leidvolles Leben vorbereiten.
Besonders deutlich ist die Parallele von Speziesismus zu anderen „-ismus“ Glaubenssätzen erkennbar. Rassismus unterscheidet Menschen anhand von ihrem Aussehen, Sexismus anhand von ihrem Geschlecht.
Es ist sofort einleuchtend, dass ein dunkelhäutiger und ein hellhäutiger Mensch den gleichen intrinsischen moralischen Wert haben. Rassismus unterscheidet beide anhand von einem willkürlichen Merkmal (der Hautfarbe) und stuft den einen Menschen herab.
Genauso einleuchtend sollte es sein, dass ein Hund und ein Schwein oder eine Katze und eine Kuh, den gleichen moralischen Wert haben. Doch Speziesismus dient als Ausrede, den einen zu streicheln und den anderen zu essen.
Speziesismus endet gesamtgesellschaftlich in dem Glaubenssystem Karnismus. Durch Karnismus werden wir konditioniert, das Essen von manchen Tieren als ethisch vertretbar und angemessen zu erachten. Auch wenn wir gleichzeitig bei anderen erkennen, dass das nicht vertretbar und angemessen ist.
Karnismus ist so weitverbreitet, dass er unsichtbar ist. Das Essen von Tieren wird als normal und gegeben betrachtet. Die meisten Menschen merken gar nicht, dass sie die Wahl haben, Tiere nicht zu essen.
Ein gutes Beispiel für Karnismus ist das Yulin Hundefleisch Fest. Ein kleines asiatisches Fest führt zu weltweitem Aufruhr und Protesten. Das Quälen und Töten von Milliarden Schweinen, Hühnern und Kühen sollte dann doch erst recht zu riesigen Protesten führen? – Doch durch Karnismus bleibt der Aufruhr aus.
Karnismus stellt das Gegenstück zu Veganismus dar. „Tiere essen“ lässt sich nicht von biologischen Faktoren ableiten, sondern ist ein Glaubenssystem.
Man kann den Karnismus also ablegen und zu einem anderen Glaubenssystem, wie Veganismus wechseln.
Die Top Argumente gegen Veganismus (4 G’s)
Wie die meisten Menschen hatte auch ich viele Vorbehalte gegen Veganismus. Konditioniert durch Karnismus hatte ich viele kleine Rechtfertigungen für den Konsum von Tierprodukten.
Ich wurde mit der Tierindustrie zum ersten Mal bei Facebook konfrontiert. Ich sah ein Video, wie männliche Küken in der Eier-Industrie geschreddert werden.
Meine erste Reaktion: Das ist ja grausam, die armen Tiere!
Meine zweite Reaktion: Wir Menschen müssen das leider machen. Wir brauchen Tierprodukte für unsere Gesundheit.
Die Hauptargumente gegen Veganismus lassen sich generell in die 4 G’s einteilen:
- Gesundheit
- Gewohnheit
- Geschmack
- Großer Aufwand
Oft kommen diese Argumente plötzlich aus uns heraus (wie meine zweite Reaktion). Wir haben sie meistens nicht recherchiert oder uns länger damit beschäftigt.
Es sind Dinge, die wir einfach immer wieder gehört haben: Von Freunden, in Magazinen, im Internet oder in anderen Medien.
Die Gesellschaft steht Veganismus kritisch gegenüber, weil dieser von der Norm abweicht. Daher gelten generell die Meinungen „vegan kann ja nicht gesund sein“, „wir haben doch schon immer Fleisch gegessen“, „vegan muss sehr aufwendig sein“.
Von der Gesellschaft werden wir konditioniert, diese Meinungen auch zu glauben.
Im Folgenden werde ich zeigen, warum viele der typischen Argumente gegen Veganismus falsch sind.
Gesundheit
Die wichtigste Frage sollten wir zuerst klären: Kann man ohne Tierprodukte überleben und gesund sein?
Kurze Antwort: Ja. Der größte Zusammenschluss aus Ernährungsexperten der Welt (Academy of Nutrition and Dietetics) hat diese Position zu veganer Ernährung:
„Gut geplante vegetarische, inklusive vegane, Ernährungsformen sind gesund, bedarfsdeckend und können gesundheitliche Vorteile für die Prävention und Behandlung von bestimmten Krankheiten bringen.
Diese Ernährungsformen (vegan, vegetarisch) sind für alle Stufen des Lebenszyklus geeignet: für Schwangere, Stillende, Kleinkinder, Kinder, Teenager, Erwachsene, Ältere und Athleten.“
— Academy of Nutrition and Dietetics, 2016
Die Meinung der Wissenschaft zusammengefasst: Vegan ist für jeden möglich.
Viele Menschen denken, es gäbe so etwas wie „Fleisch Vitamine“. Essenzielle Inhaltsstoffe im Fleisch, die wir nicht aus pflanzlichen Produkten bekommen könnten. Das stimmt nicht und ist an einem Beispiel leicht zu erklären:
Ein Rindersteak sind Muskeln von einer Kuh. Diese Kuh musste die Muskeln selber aufbauen. Alles, was die Kuh dafür benötigt, ist pflanzliche Kost.
Alle Inhaltsstoffe in dem Steak kommen ursprünglich aus Pflanzen. Wir können einfach das Tier als Mittelsmann überspringen und unsere Nährstoffe direkt aus Pflanzen beziehen.
Zum Glück haben wir auch im Vergleich zur Kuh eine größere Auswahl, als nur verschiedene Grassorten (man sagt Veganer essen ja auch Steine 😉 ).
Ähnlich ist es bei der „Achillesferse“ der veganen Ernährung. Vitamin B12 bekommen „Nutztiere“ als Tabletten zugefüttert, daher ist es im Fleisch. Auch hier können wir das Tier weglassen und selber Vitamin B12 supplementieren. Alles dazu in unserem ausführlichen Vitamin B12 Guide.
Eine pflanzliche Ernährung ist sehr vielseitig. Nutze die Anfangszeit, um neue Dinge auszuprobieren und deinen kulinarischen Horizont zu erweitern.
Gewohnheit
Wir haben schon seit Millionen von Jahren Fleisch gegessen, warum sollten wir jetzt aufhören?
Früher war Fleisch so beliebt, weil es eine hohe Kaloriendichte hat. Als der Mensch primär zum Überleben gegessen hat, lautete das Motto: umso mehr Kalorien umso besser.
Wenn du das hier lesen kannst (also einen Internetanschluss hast), musst du dir bei der Ernährung wahrscheinlich keine Sorgen ums Überleben machen.
Heutzutage gehen wir in den Supermarkt und haben eine riesige Auswahl an Lebensmitteln.
Wir haben im Vergleich zu den Menschen früher die Wahl, ob wir tierische oder pflanzliche Lebensmittel essen.
Gewohnheiten ändern ist schwer. Doch viele vegan lebenden Menschen haben es Stück für Stück oder über Nacht geschafft auf tierische Produkte zu verzichten. Du kannst das auch schaffen.
Wenn es für dich schwer ist, deine Gewohnheiten zu ändern, wie schwer ist es für die Tiere, wenn du es nicht tust?
Geschmack
Wenn Menschen erfahren, dass ich kein Fleisch esse, sagen sie mir manchmal: „Ich liebe den Geschmack von Fleisch einfach zu sehr.“
Ich liebe auch den Geschmack von Fleisch. Ja, auch ich bin ein riesengroßer Fleisch-Liebhaber. Ob Salami, Steak oder Leberkäse, ich wollte 20 Jahre lang am liebsten nichts anderes essen.
Ich bin nicht Veganer geworden, weil ich den Geschmack von Fleisch nicht mag. Auch als Veganer greife ich zu Ersatzprodukten, die besonders ähnlich wie Fleisch schmecken.
Ich glaube einfach, dass mein Geschmack nicht annähernd so viel wert ist, wie das Leben und Wohlbefinden eines Tieres. Ja, ich bin ein riesengroßer Fan von Fleisch. Ich bin aber ein noch größerer Fan davon, Tiere nicht zu quälen.
Die entscheidende Frage, die jeder von uns sich selbst stellen muss, ist: „Was ist wichtiger, Geschmack oder Leben?“
Unabhängig davon sollte Geschmack sowieso kein wirkliches Argument gegen Veganismus sein.
Ich habe noch nie so viele leckere Gerichte probiert, wie in der Zeit, in der ich vegan geworden bin. Den meisten Menschen geht es so, dass sie als Veganer einfach vieles Neues kennenlernen. Sie verzichten nicht auf leckeres Essen, sondern essen einfach anderes leckeres Essen.
Zusätzlich gibt es immer mehr vegane Fleischalternativen. Sie sind, was Konsistenz, Geruch und Geschmack angeht, mit Fleisch kaum zu verwechseln. Und wenn du das nicht glauben kannst, solltest du einfach mal vegane Produkte der Rügenwalder Mühlen oder den Beyond Burger probieren.
Man kann Veganer sein und gleichzeitig Fleisch lieben. Man muss einfach diesen primitiven Trieb überwinden und sich eingestehen, dass Geschmack keine gute Ausrede dafür ist, ein Tier die Qualen der Tierindustrie und eines Schlachthauses aufzuzwingen.
Großer Aufwand
Die Umstellung auf eine vegane Lebensweise wird von vielen als gigantischer Aufwand angesehen.
Man hört immer wieder den Satz: „Ich könnte niemals vegan sein.“
Doch selbst jeder Veganer hat diesen Satz einmal früher gesagt.
Veganismus ist kein jahrelanger täglicher Mehraufwand.
Die meisten Menschen müssen nur 1 Monat Zeit investieren.
„Gewohnheit“ habe ich oben als Argument gegen den Veganismus genannt. Doch die Gewohnheit ist schnell auf unserer Seite.
Nach wenigen Wochen ist der Griff von der Kuhmilch zur Pflanzenmilch so einstudiert, dass du ihn gar nicht mehr merkst. Nach einem Monat kennst du ein paar Rezepte und weißt, was du zu allen Mahlzeiten essen kannst.
Es wird kein leichter Monat. Seine Gewohnheiten ändern ist immer schwer.
Zum Glück gibt es die schon angesprochenen Ersatzprodukte, die den Übergang erleichtern.
Organisationen bieten gratis Hilfe, bei der Umstellung auf eine vegane Lebensweise an.
Bei den Portalen Challenge22 (englisch) oder veganstart (deutsch) bekommst du den ersten Monat Unterstützung.
Warum Vegan? – Zusammenfassung der Ethik
Eigentlich ist Veganismus ganz einfach. Den Grundgedanken hinter Veganismus kann man in 5 Schritten zusammenfassen:
- Sind Tiere empfindungsfähig?
Tiere wie Schweine, Kühe, Hühner, Hunde oder Katzen können Schmerzen spüren, haben Gefühle, eigene Interessen und Persönlichkeiten.
- Leiden Tiere in der Tierindustrie?
„Nutztieren“ widerfährt ungeheures Leid in der Tierindustrie und ihr Leben wird ihnen sehr früh gegen ihren Willen genommen.
- Was können wir gegen das Tierleid tun?
Wir können aufhören, Tierprodukte zu kaufen (Angebot-Nachfrage). Unsere Kaufentscheidungen haben ein Opfer. Sie sind damit keine rein persönlichen Entscheidungen mehr.
- Müssen wir Tierprodukte essen?
Eine pflanzliche Ernährung ist bedarfsdeckend für alle Lebensphasen. Wir haben die Wahl, ob wir Tiere essen oder nicht.
- Ist Geschmack mehr wert als ein Leben?
Eine Mahlzeit bring uns nur wenige Minuten Freude, doch kostet einem Tier sein ganzes Leben. Jedes Tierleben ist wertvoll. Wir haben nicht das Recht, ein Tier gegen seinen Willen auszubeuten.
Ernähre dich nach deinen moralischen Werten
Die meisten Menschen sind Tierlieb. Seien es Hunde, Katzen, Pferde, Papageien, Delfine oder Koalas. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass der Gedanke an eines dieser Tiere dein Herz höher schlagen lässt.
Und du könntest dir sicher gar nicht vorstellen, einem Tier etwas anzutun. Schon gar nicht, ein Tier selber zu töten.
Wenn das zutrifft, dann passen deine persönlichen Moralvorstellungen sehr gut mit Veganismus zusammen. Ich würde behaupten deutlich besser als mit Karnismus.
Wenn du Tiere isst, stehen deine täglichen Handlungen im Widerspruch zu deinen eigenen Werten.
Vielleicht wusstest du nicht, was mit „Nutztieren“ passiert. Oder du hast wie ich weggeschaut, weil die Wahrheit unbequem ist. Es ist leicht Tierausbeutung zu ignorieren und einfach weiter so wie bisher zu leben. Aber der leichte Weg ist nicht immer der richtige.
Jetzt ist die Zeit dafür, dass du deinen Moralvorstellungen folgst. Und deine Taten mit deinen Werten in Einklang bringst.
Gesundheit – Wie Fleisch dich töten wird
Zur Erinnerung: Eine vegane Ernährung ist für alle Lebensphasen geeignet und bedarfsdeckend. Das sagt der größte Zusammenschluss von Ernährungsexperten, die Academy of Nutrition and Dietetics. Und diese Position wird von unzähligen Ernährungsorganisationen auf der Welt geteilt.
Außerdem kann eine vegane Ernährung das Risiko für unsere tödlichsten Krankheiten senken.
Eine gut geplante vegane Ernährung hilft gegen:
- Herzkrankheiten
- Krebs
- Diabetes
- Übergewicht
Veganer leben meistens länger und haben weniger gesundheitliche Probleme im Alter. Das liegt daran, dass eine pflanzliche Ernährung viele ungesunde Lebensmittel eliminiert und durch gesündere Lebensmittel ersetzt.
Die meisten Tierprodukte enthalten große Mengen gesättigte Fettsäuren und Transfette. Diese Fette sind maßgeblich für einen erhöhten Cholesterinspiegel und das Verstopfen von Arterien (Herzinfarkt, Schlaganfall) verantwortlich.
Rotes und vor allem verarbeitetes Fleisch wird mit Darmkrebs in Verbindung gebracht.
Zusätzlich leiden vegan lebende Menschen deutlich weniger an Übergewicht, was allein in Deutschland jährlich so viele Menschen tötet, wie COVID-19 bisher insgesamt (Stand 02.22).
Wenn du mehr über die Gesundheitsvorteile durch eine vegane Ernährung wissen willst, haben wir dazu diesen ausführlichen Artikel für dich.
Umwelt – Wie Tierprodukte unsere Erde zerstören
Die Vereinten Nationen sagten uns schon 2006, dass die Tierindustrie für die schlimmsten Umweltprobleme verantwortlich ist. Sie sei je nach Problem in den Top 2 oder 3 der größten Umweltsünder.
Als mögliche Lösung schlagen die Vereinten Nationen einen massiven Wechsel zu pflanzlicher Ernährung vor.
Die Tierindustrie:
- Stößt so viel CO2 aus als alle Autos, Schiffe, Flugzeuge und Schiffe zusammen.
- Ist der Hauptgrund für weltweites Artensterben.
- Ist der Hauptgrund für Regenwald-Abholzung.
- Nutzt über 80 % der weltweiten Agrarflächen für einen Bruchteil der weltweiten Nahrung.
- Ist einer der Hauptgründe für Wasserverschmutzung und Wassermangel.
- Trägt maßgeblich zum Welthunger bei.
Auch wenn wir alle anderen Klimaziele erreichen, produziert die Tierindustrie genug Emissionen, um die Erde um über 1,5 °C zu erwärmen.
Wie die Tierindustrie unsere Umwelt zerstört und was wir dagegen tun können, erfährst du in diesem Artikel.
Wenn du noch an Veganismus zweifelst, werden in diesem Artikel sicher deine Fragen beantwortet.
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